Marken Welten

Blog über Kommunikation, Mensch, Technologie und Organisation

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Der Pen­cil ist der Com­pu­ter. Beginn einer analogen Revolution mit dem iPad Pro.

Selten sind die Dinge, wie sie scheinen. Mir scheint, das iPad Pro ist viel mehr, als nur ein großes Tablett. Es ist der Beginn von etwas Neuem. Das muss man natürlich gut begründen können:

Der teuerste Bleistift der Welt

iPad_ProDas iPad Pro wird als Werkzeug für kreative Menschen beworben. Grafiker, Designer, Gestalter können sich über Software freuen, die extra dafür entwickelt wurde. So zeigte es Apple bereits in der Keynote.

Das alleine ist schon erstaunlich: Hat Apple doch als Erster eine ganze Branche digitalisiert. Grafiker die vorher zu Messer und Schere griffen, klickten nun auf Messer- oder Schere-Icons in Photoshop. Dank Adobe. Jetzt machen Apple und Adobe den nächsten großen Wurf, seit fast 30 Jahren wieder.

Aber: Selbst das greift zu kurz.

Erster Hinweis: Adobe hat seit langer Zeit seine alte Kooperation mit Apple auf neue Füße gestellt: eine ganze Softwarepalette wurde neu entwickelt.
Klar, wenn man möchte, daß Profis auf einem Tablett arbeiten, dann muss man sich ein bisschen anstrengen. Aber, anstrengen heisst hier: Sich auf eine andere Art, einen Computer zu bedienen, einzustellen.

Zweiter Hinweis: Die Adobe Software wurde nicht unbedingt für das iPad Pro optimiert, sondern für iOS9. Natürlich kann man iOS9 auf allen Geräten nutzen – aber erst auf dem Pro macht es Sinn. Es scheint sogar, daß die ganzen neuen Funktionen extra für das Pro entwickelt wurden. So wird das parallele Arbeiten mit zwei Anwendungen auf einem iPad Mini oder iPhone nur begrenztes Vergnügen bereiten.

Dritter Hinweis, das Stichwort „arbeiten“ bringt uns dorthin: Auch der Apple Pencil, der Stift, wird nur als Zubehör angepriesen. Ich sehe das genau anders herum.

Apple_Pencil

Der Stift kostet ab 1000,-€ oder mehr, je nach Ausstattung des „Papiers“. Was vielen noch einleuchtet: Der Stift ist nix ohne das iPad Pro, weil Stift-Elektronik und Display eine Einheit sind. Dieser Stift funktioniert nur auf diesem Display. Genau das sehe ich anders herum: das iPad Pro ist nix ohne den Stift.

Weil das aber nicht sofort einleuchtet, müssen wir etwas tiefer graben. Ich möchte Einen vorlegen: Wer das Pro ohne Stift benutzen möchte, kann sich auch zwei iPad Air nebeneinander legen und wäre wesentlich flexibler.
So wie man sich einen Bleistift und Papier kaufen kann und wesentlich flexibler wäre. Für, sagen wir mal, 2 Euro.

Immer noch zu kompliziert? Dann so: Die Erfindung der Maus hat die Revolution des Computers ermöglicht. Jetzt ersetzt der Pencil die Maus. 

Mehr Mensch im Computer

Holen wir also etwas aus. Genau einen Artikel weit: Kathrin Passig schrieb vor wenigen Tagen: „Es gibt keine Digitalisierung“. Dieser Artikel sei allen wärmstens empfohlen. (PDF, 6 Seiten, 86kb)

Seine Essenz: Digital ist das Abgezählte, so wie die Anzahl der Moleküle in einer Zelle, oder die Bits in einer Software. Analog ist das Ganzheitliche, so wie der Sonnenaufgang an einem klaren Herbsttag.

Analoge_Wahrnehmung

Analog und Digital gab es schon immer. Wir verdanken es der beschleunigten Entwicklung in den 90iger, daß alles mit „Digitalisierung“ bezeichnet wurde, was vorher noch eine konkrete Aufgabe hatte: Automatisierung, Abrechnung, Archivierung.

Was dabei auffällt: Wenn es analog schon immer gab – wo finden wir das in der Arbeit mit Computern? Alles was wir tun, mehr noch, wie wir es tun, hat sich der digitalen Mechanik und Ihrer Werkzeuge untergeordnet.
Nicht zufällig leben wir heute in einer Zahlen-Excel-Welt: Was nicht durch Zahlenreihen belegt ist, ist nicht wahr.

Ist deswegen ein Sonnenaufgang weniger wahr?

Sind wir nicht besonders geeignet, wir Menschen, analoge Informationen zu verarbeiten? Lasst den Computer die Zahlen machen, aber Menschen können mehr.

Vielleicht deswegen der enorme Wertewandel in allen Gesellschaften? Ist es letztlich nur ein zurück zur Emotion? Das was wir fühlen, bestimmt soviel mehr, wer wir sind und was wichtig ist, als das was wir wissen!

Gefühle kann man nicht in Zahlenreihen zerlegen. Womit wir zum teuersten Bleistift der Welt zurück kommen.

Quelle: BEELER CARTOON
Quelle: BEELER CARTOON

Was kann ein Bleistift nicht, was ein Pencil kann? Wäre es nicht soviel einfacher, mal wieder zu zeichnen? Ein Blatt Papier (langes Speichervermögen auch bei Stromausfall) und ein Stift? Einfacher geht nicht mehr.

Ja und Nein. Der Pencil ist alle Stifte in allen Farben, unterwegs immer dabei.

Vor allem aber ist der Stift das universelle Eingabemedium für analoges Arbeiten, so wie Maus & Tastatur die revolutionäre Xerox Parc Erfindung für das digitale Arbeiten waren.

Alles am iPad Pro, incl. iOS9 und der Software von Adobe und Anderen ist darauf ausgerichtet.

Egal wie Apple das Gerät verkauft: Pencil und Pad sind der erste Computer für  analoges Arbeiten. Anders gesagt: für Handarbeit.
Das Icon für die Schere ist immer noch ein Icon, aber wir bedienen es mit der Hand, nicht mit der Maus. (Das konnte Wacom schon immer? Nein. Wacom war eine Brücke von der digitalen in die analoge Welt. Pencil und Pad sind die analoge Welt.)

InnovationIst das also nun ein Gerät für kreative Arbeiter? Ja. Mit der kleinen Ergänzung, daß heute von allen Kopfarbeitern Kreativität gefordert wird. Wir alle sind kreative Arbeiter!
Das Pro ist also nicht nur für Grafiker, sondern für alle, die Ideen, Gedanken, Strategien, Konzepte, Maßnahmenpläne u.s.v.m. entwickelt, präsentieren und kommunizieren müssen.

Nur das die Wenigsten wissen, wie man kreativ arbeitet. Nur das die Kommunikation sich ebenso verändern wird, wie die Arbeit.

Mehr menschliche Kommunikation

Malte von Tiesenhausen (echter Name; aus Hamburg) bringt zur richtigen Zeit das richtige Buch. Bei dem, was ich hier zeigen möchte, geht er in die Tiefe.
Die verkneife ich mir und verweise auf die sicher am Besten angelegten 25€ diesen Jahres (klick führt zum Buch).

Adhoc_Visualisieren

Hier lernt man nicht einfach nur zu visualisieren. Hier lernt man, daß es eine analoge Kommunikation bereits gibt, das wir sie seit Kindeszeiten und lange vor der Steinzeit gelernt haben – und das wir sie zu selten nutzen.

Analoge Kommunikation hilft uns, Dinge zu beGreifen [sic!], die verworren scheinen (Begreifen = „Hand->Stift->Erkenntnis“). In einer überfüllten Welt, sehen wir wieder das Wesentliche. Wir begreifen nicht nur die Welt um uns, sondern wie wir hinein passen. Analoge Kommunikation ist dynamische  Reflexion.

Wer Powerpoint hasst, weiss gleich warum. Denn Charts und Grafiken verzerren die Welt. Wie soll man präsentieren, was man nicht versteht? So präsentieren dann eben auch die Meisten, digital.
Powerpoint-Karaoke (wirre Präsentationen neu interpretieren), ist analoge Kommunikation und legt den Finger in die Wunde meines Themas: Wie kommunizieren Menschen mit Menschen, statt mit Computern?

Was ich hier anhand neuer Hardware zeigen möchte, spiegelt die Inhalte des Buches: auch dieses Buch ist nicht für Grafiker, sondern für alle, die kommunizieren: mit Menschen, statt mit Computern.
Wer sich dieser Übung aussetzt, der wird:

„… immer seltener Konsument einer Situation und immer stärker Ihr Gestalter sein. Wenn deine erweiterten Sichtweisen in deine Gestaltungskraft einfließen, wirst du echten Mehrwert schaffen.“ Malte von Tiesenhausen, Adhoc Visualisieren

Nebenbei lernt man dann auch Visual Storytelling, dem Next Big Thing in der Markenkommunikation.

Analoge Kommunikation denkt in Symbolen, nicht in Zahlen. Das verbindet sie mit der Marke. Wolf Lotter, brandeins: „Die Marke ist die Unternehmensform des 21. Jahrhunderts.“ Wir werden alle in Markenunternehmen arbeiten und deswegen werden wir alle immer besser lernen analog zu kommunizieren.

Der Pencil ist der Computer. Das iPad Pro seine passende Unterlage. AdHoc Visualisieren ist das Lernprogramm für den menschlichen Computer in uns.

Mut zum Analogen! Es wird unsere Welt besser machen. Deutlich besser.

Bildquellen: Alle Zeichnungen sind aus dem Buch Adhoc Visualisieren, die restlichen beiden Bilder aus der Apple Werbung oder direkt gekennzeichnet.