Marken Welten

Blog über Kommunikation, Mensch, Technologie und Organisation

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Strategie

Teil IV — Markenpraxis ::: Markensysteme und –definitionen

Eine Reihe zur Ein­ord­nung und zum Über­blick in der Welt der Marke.
Teil IV — Markenpraxis

Nach der Theorie kommt die Praxis. Das wohl beliebteste Markenmodell, gerne auch DNA der Marke genannt, ist das Markensteuerrad. Schauen wir uns das mal genauer an.

Markensteuerrad

 

Quelle: Wikipedia, ohne Verwendung in einem Beitrag

In der Mitte steht die „Markenkompetenz – Wer bin ich?“ Schon die Frage „Wer bin ich?“ zeigt, daß Kompetenz der falsche Ausdruck ist. Sie meint die Identität. Daraus ergeben sich gleich drei Problemfelder. Im Rad. Was hier mit „Markentonalität – wie bin ich?“ beschrieben wird, ist immer auch Teil der Identität. Wer und wie ich bin, muss Gleich sein, sonst gibt es schon im Modell einen Bruch zwischen Sein und Wirken. Das Wort „Persönlichkeitsmerkmale“ sollte deutlich genug sein. Wo steht denn nun die Identität? In der Mitte oder rechts oben? Aber es geht ja weiter. Mit „Markenattributen – welche Eigenschaften“ ist ebenfalls ein wesentlicher Teil der Identität gemeint. „Wer bin ich?“ und „Wie bin ich?“ und „Was sind meine Eigenschaften?“ mündet letztlich in dasselbe. Der Unterschied zwischen Markenattributen und Markennutzen wird gleich ganz fraglich. Die Eigenschaften von Angeboten / Unternehmen und der funktionale und psychosoziale Nutzen – worin unterscheiden sich die beiden Felder?

Man kann übrigends auch hemmungslos die Begriffe Markenbild und Markentonalität miteinander tauschen. Dann gehörten zum Markenbild: Persönlichkeitsmerkmale, Beziehungsmerkmale, Erlebnisse. Zu Tonalität dann Design, Kommunikation (sic!), etc.. Steinigt mich, aber das klingt sogar schlüssiger. Allerdings immer noch nicht gut.

Klar, die Kritik an meiner Kritik muss lauten: alle vier Sektoren ergeben die Identität, das „Wer bin ich?“.

Markensteuerrad_Audi

Aber das tun sie eben nicht. Da steht weder die Identität, noch, was ich jetzt damit machen soll. Das zeigt die DNA von Audi ganz gut. (Quelle: Marken-Management.) Unter „Wie bin ich?“ findet sich hier das „Wer bin ich?“ – nur daß es v.a. das „Wie will ich sein / wirken?“ wiedergibt. Das kann dann genauso gut das „Was biete ich an?“ sein: ein „innovatives, sportliches Fahrgefühl im stylischen Look für selbstbewusste, erfolgreiche Käufer“.

Ich denke, es ist angekommen, was ich kritisiere. Hier werden Werte und Begriffe bunt durcheinander geworfen. Klar, am Ende hat man ein schön einfaches Chart. Aber wem nutzt das was? Wie soll ich damit eine Marke führen ohne mich auf Leute zu verlassen, die – warum auch immer – erfolgreich waren und sind. Wie soll ich damit Erfolg in der Zukunft garantieren? Wie soll ich so jemals anhand von Werten führen? Soll ich es noch krasser machen? Hohe Qualität, Attraktives Design, Sportliche Fahrzeuge, Fortschrittliche Technik, innovativ (ist das nicht auch Fortschrittliche Techik?), sportlich (huch, eine Dopplung), erfolgreich, stylisch, (huch, noch eine Dopplung) selbstbewusst — welcher BMW- oder Mercedes Fahrer würde das nicht von seiner Marke behaupten? Den Quark unter „Wer bin ich?“ spare ich mir aufzulisten. Bleibt eigentlich nur noch das Bild vom Audi und das Markenzeichen zur Differenzierung. Mir würde das ein ungutes Gefühl geben. Etwas wenig.

Einer der Grundprobleme ist im Verhältnis der rechtlichen zur fachlichen Markenführung schon angelegt. Wer sich dieses Verhältnis mal anschaut, sieht, daß dem Markeninhaber nicht die Marke gehört, sondern nur das Zeichen:

Beziehungen Marke-Recht-Marketing

 

Quelle: Wikipedia Marke (Marketing)

Diese Erkenntnis wird nirgends angewendet. Konsequent schon gar nicht. So zieht sich am Bodensatz ein  großes Problem durch: Das Markenbild des Markeninhabers unterscheidet sich vom Fremdbild der Zielgruppen. Was dann kommt, sind die allbekannten Probleme der Markenkommunikation – bei der mit großer Liebe an dem vorbeikommuniziert wird, was die Markenfans so schätzen: Ihre Marke.
Dabei gehört die Marke doch niemandem. Sie existiert gar nicht. Sie ist der Glaube an etwas, das man nicht an die Wand nageln kann. Das überzeugte Wissen von Etwas, dem man keinen Preis an die Stirn tackern kann.  Dennoch ist sie und kann Welten bewegen. Davon sieht man im Markensteuerrad nicht viel.

Quelle Artikelbild: Markennähe I