Politiker und Kommunikation 2.0
Bekanntermaßen sehe ich politische Kommunikation als Königsdisziplin der Kommunikation. Entsprechend spricht mir dieser SpOn- Artikel über das Strickmuster von Politikern aus der Seele. Klassische Eigenschaften eines Politikers sind:
„Der erfolgreiche Politikertypus solcher Fasson verbindet politischen Instinkt, Populismus, Stimmungs- und Problemsensibilität, Konzentration auf das Wesentliche, virtuose Medienpräsenz und Pragmatismus miteinander. Er muss eine immens facettenreiche Gestalt sein, muss als Projektionsfläche für verschiedene Bedürfnisse, Einstellungen und Kulturen taugen“
Dazu kommen in der modernen „Diskussions- Demokratie“ folgende Eigenschaften:
„kommunikative Fähigkeiten … muss koordinieren, vermitteln, ausgleichen, delegieren, einbinden, vernetzen, überzeugen können.“
Eigenschaften, die beide auf Obama zutreffen. Er ist der klassische Aufsteiger, der sich durch alle Instanzen gekämpft hat. Er ist zunächst Machtpolitiker. Denn es geht nur darum: Macht, nicht Glaubwürdigkeit, sagt der Autor. Soziale Kompetenz kann nur der:
„effektiv verwenden und durchsetzen, der durch Energie, Disziplin, Kaltschnäuzigkeit und Machtwillen auch Konkurrenten beeindruckt, ja einschüchtert, sie mit Härte in der Minderheit hält. Kommunikative Führung gelingt nur demjenigen, der über sehr viel Autorität, Zielstrebigkeit und Gefahreninstinkt verfügt.“
Wenn also im diesjährigen „Wahlkampf 2.0“ Authentizität gefragt ist, dann vor allem, um eben diese Eigenschaften zu kommunizieren. Vielleicht hilft das auch, diesen Begriff zu klären. Oder wie es Franz Walter, 52, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen und Autor des Artikels so schön sagt:
„Ein Politiker, der ein „grundehrlicher Kerl“ sein möchte, wäre eine katastrophale Fehlbesetzung.“
Ich denke, hier wird der innere Betrieb der Politik sehr treffend dargestellt. Um in Entscheiderpositionen zu kommen, muss ein Politiker diese Eigenschaften haben. Zugleich ist er davon geprägt.
Ich denke aber auch, daß das nur die Basis sein kein. Eine zweite Seite wurde schlicht vergessen. Glaubwürdigkeit wird hergestellt, wenn ein Politiker diese Fähigkeiten gekonnt verkörpert, denn dann vertritt er die Interessen seiner Wähler, spricht mit Ihren Worten. Obama ist ja eher zufällig zum Präsidentschaftskandidaten geworden. Eben weil er in einem passenden Moment die Gefühle der anwesenden Demokraten voll getroffen hat und weil diese instinktiv wussten, daß er auch die Gefühle vieler Amerikaner trifft. Er hat sich also nicht nur als Macht- bewusster Politiker hoch gearbeitet, sondern auch mal nach draussen geschaut. Selbst die Umsetzung seiner Politik zeugt von offenen Ohren. Inhalte und Sprache machen Ihn glaubwürdig, entschiedenens Auftreten macht ihn wählbar. Er ist ganz sicher nicht der Internetpräsident oder der Präsident 2.0. Obama ist zunächst ein Zufall, der neben den klassischen Eigenschaften eines Politikers auch die grundsätzlichen eines Demokraten (2-deutig ;-) erfüllt. Er weiss, für wen er das macht. Das Internet ist einfach ein guter Rückkanal aus dem Volk, aber nicht der Einzige.
>> via SpOn: Wieso Politiker nicht die Klügsten sind
Ein treffender Artikel zu interner und externer Positionierung von Politikern. Ob allein die Fähigkeit mittels 2.0-Medien (Beispielsweise Twitter) zu kommunizieren ausschlaggebend für Wahlgewinne ist, wage ich zu bezweifeln.
Diese Medien Medien sind sicher sehr sinnvoll näher an die Wähler heranzurücken und eine gefühlt „intimere“ Kommunikation zu ermöglichen. Doch gerade deutsche Politiker nutzen diese Plattformen nur unzureichend. Meistens wird gegen den Kontrahenten gestichelt, statt sich mit Inhalten abzugrenzen. Die 2.0-typischen Dialogfähigkeiten verstreichen dabei ungenutzt.
Unsere Politiker und auch deren Kommunikations-Fachleute müssen noch üben und vor allem begreifen, dass man hier ebenfalls langfristig angelegt handeln sollte. Auch hier heißt es von Obama zu lernen, denn dieser startete schon 2 Jahre vor der heißen Phase mit seinen Web2.0-Aktivitäten.