Marke und Identität
Was ist eigentlich eine Marke? Wann ist eine Marke stark? Darauf gibt es viele Antworten, aus vielen Jahrtausenden. Das beliebteste Klischee: wenn sie jeder kennt. Aber: jeder kennt die Nordsee, ist sie deswegen eine Marke? Ist das Kreuz eine Marke, oder der Koran? Genau wie Coca Cola?
Gemessen wird die Markenstärke bisher durch Bekanntheit, Sympathie und Verwendung. Die Nordsee ist bekannt, sympatisch und wird gerne „verwendet“. Ist sie deswegen eine Marke?
Einige werden jetzt sagen: ja, klar. Andere haben auch recht, wenn sie sagen: nein, das ist nur Wasser. Und dann fügen sie hinzu: rauer, als die Ostsee. Und dann ist das „nein“ schon nicht mehr ganz so überzeugend.
Kann man Marken lieben? „Ich liebe es“ sagt McDonalds. Klingt komisch. Ich liebe meine Mutter, aber einen Burger? „Ich liebe mein iPhone“, sage ich. Klingt auch komisch. Dann aber auch wieder nicht. Sagen ja so viele. Ich liebe die Nordsee, sagt der Sylter. Und es klingt vollkommen überzeugend. Aber das ist Heimat, wird da der ein oder andere einwenden – das ist doch keine Marke?! Früher hat jeder gesagt, er liebt sein Auto. Das wird weniger, vor allem bei Frauen. Aber warum ist das so?
Ganz früher, vor 3000 Jahren, hat ein Töpfer in Ägypten seine Krüge mit einem Symbol versehen. Ein Herkunftsnachweis. Bis heute die Marke. Das Zeichen eines Herstellers. Aber dieses Zeichen steht für etwas. Aus einem einfachen Grund. Der Töpfer war sauer auf die, die seine Marke geklaut haben. Die sein Zeichen einfach auf Ihre Krüge angebracht haben. Das 3000 Jahre alte Markenmißverständnis ist ganz einfach: er hat sein Zeichen nicht angebracht, um es anderen zu zeigen, sondern um sich zu zeigen. Andere sollten sehen: diese Krüge, und nur diese Krüge, sind von mir! Ich habe da mehr Liebe, Fleiß und Erfahrung eingearbeitet, als die anderen Diebe, die Ihre Krüge unter meinem guten Namen anbieten.
Markenklau ist kein juristisches Thema, es ist zunächst ein emotionales. Vor allem wenn Markenfans mit den Symbolen spielen und dann von Ihrer Marke verklagt werden.
Die Marke ist kein Herkunftszeichen. Die Marke ist kein Absender einer Botschaft, die von anderen zugeschrieben wird. Die Marke ist ein Identitätssymbol.
Ab hier verändert sich alles und bleibt doch gleich. Denn Identität ist das stärkste Wertebündel, das wir kennen. Auch Marken sind Wertebündel. Das können materielle Werte sein, oder imaterielle, oft beides. Sie sind nicht zu trennen. Rauh ist die See, rauh ist der Mensch, aber ehrlich. Aus materiellen Werten werden im sozialen Kontext imaterielle. Die soziale Bedeutung erhöht gleichfalls die Werte.
Wann sind Werte stark? Wann sind sie schwach?
Wissen Sie, was ein Klischee ist? Das Lexikon sagt: „Ein Klischee ist eine überkommene Vorstellung oder ein eingefahrenes Denkschema…“ Ein Klischee ist ein totes Wertebündel. Es wird nicht mehr gelebt. Identität ist ein lebendiges Wertebündel. Ein Klischee bleibt, wie es ist. Identität entwickelt sich weiter. Beide geben Orientierung und Sinn. Auch wenn sie tot sind – Klischees existieren so lange sie Orientierung und Sinne vermitteln. (Btw. Orientierung und Sinn sind die materielle und imaterielle Seite der gleichen Medaillie.) Wenn ich Bayern mit „Lederhose“ verbinde, dann entwickeln sich Vorstellungen vom einfachen, ländlichen Leben in den Bergen. Wenn ich das vor Ort sehe, das Klischee überprüft und bestätigt wird, steigt die Wirkung der Werte. Wenn diese gelebten Werte anderen Orientierung geben, dann weiß ich, warum Millionen Menschen auf dem Oktoberfest mit Lederhose und Dirndl rumlaufen (Spaß und Klischee) und sich etliche davon die Landlust kaufen (Werte & Identität). Für einen kurzen Augenblick kaufen Sie sich Werte, die Ihnen wichtig sind. Sie kaufen sich Heimat, so wie sie früher einmal war. Sie machen die Symbole lebendig.
Glaubwürdigkeit ist also keine notwendige Vorraussetzung für eine Marke, weil auch Klischees Wertebündel sind. Aber sie verstärkt die Markenwerte enorm. Sie verleiht Ihnen soziale Relevanz.
Das genau ist der Zusammenhang zwischen Corporate und Product Brand. Wenn das Unternehmen so stark ist, daß es seinen Mitarbeitern die gleiche Identität gibt, wie seinen Kunden, dann stimmen Unternehmens- und Produktmarke überein. IBM. Blaues Logo, Blaue Anzüge. IT is our live. Google – unser Leben ist das Internet und mindestens genau so bunt. Apple – Design ist keine Frage des Aussehens, sondern eine Einstellung. Apple 2 siet dem iPhone Ich bin ich, aber nur mit Dir. Da ist die Schnittstelle zum Design. Coca Cola, mach Dir Freude auf.
Mach Dir Freude auf? Da stimmt doch was nicht. Was ist denn bitte schön Freude? Und kann mir Cola überhaupt eine Identität geben? Warum hatte gerade Coke einen Einbruch in den Markenwerten rund um das Jahr 2000? Und warum sind die Markenwerte von Coke in den Jahren danach wieder stark gestiegen? Ich wage die Behauptung, daß war der Übergang von einer multinationalen zu einer globalen Welt.
Schwierig zu begründen. Ich kenne die Markendefinition von Coke nicht. Aber eins weiß ich. Coke ist eine starke Marke. Wegen der vielen Werbung? Kaum.
Coke gehört zu den ganz wenigen Produkten, die wirklich global sind. Überall auf der Welt ist der „Coke- Moment“ der gleiche. Wenn ich in Dakar einen Senegalesen sehe, wie er eine Coke aufmacht, schaut das genauso aus, wie am Timesquare in New York. Coke verleiht uns als Menschheit eine globale Identität als Menschheit. Zugegeben, Coke sagt uns noch nicht, wer wir sind. Aber Coke sagt uns, DAS WIR WIR sind. Und das ist doch schon eine ganze Menge.
Auf dieser globalen Ebene lässt sich auch das Thema Auto betrachten: früher waren Autos sehr wichtig, weil sie für die Welt wichtig waren. Über Jahrzehnte haben sich Menschen über Autos definiert. Äh, sorry, Männer. Die Bedeutung der Branche ist aber gesunken, weil Ihr Beitrag zur Identität gesunken ist. Heute definiere ich mich nicht mehr über Maschinen. Egal, was Guilietta mir erzählen will. „Ohne Herz wäre es nur eine Maschine“. Sorry, aber ohne Herz BLEIBT es nur eine Maschine. Dafür ist mir das Auto viel zu wichtig, als daß das Spiel mit Klischees mich berühren könnte. Und wenn ich mit Werbung jemanden „erreichen“ will, was heisst das denn anderes als berühren? Jeder gute Werber weiß das, viele Kunden nicht. Sagt es Ihnen! Der Köder muss dem Fisch nicht schmecken, weil ich Kunden nicht angeln kann. Danach wären sie tod oder schwer verletzt ;-) Die Werbung darf den Kunden nicht „verführen“, liebes Jung v. Matt. Das trojanische Pferd hatte seine Wirkung nicht auf die Trojaner, auch wenn es so heisst. Es hat zu derem endgültigen aus geführt. Ausser an einer Stelle: wenn die Verführung berechtigt ist. Liebe nicht nur verspricht, sondern hält. Dann ist Werbung nicht mehr nur sexy. Dann ist Werbung wieder wichtig.
Zurück zur Produktgattung aka Branche. Autos sind für unser Leben nicht mehr so wichtig, wie früher. Ich denke jeder Automanager versteht genau, was ich meine. Das heisst aber nicht, daß Automarken nicht stark sein können. In vielerlei Hinsicht. Interessant ist z.B., warum sich Männer und Frauen einen SUV kaufen. Männer wollen größer und einzigartiger erscheinen, wichtiger Teil Ihrer Identität als Geschlechtsgenossen. Frauen wollen Sicherheit. Zwei sehr unterschiedliche Wertesets, aufgrund unterschiedlicher Identitäten.
Und wir wollen nicht vergessen, daß man in China und Russland große, protzige, westliche Autos liebt (die Männer), aber durchaus auch große, protzige, goldene Leuchter (die Frauen). Oops, habe ich da gerade etwas bewertet? Das geht natürlich nicht, denn jede Kultur hat das Recht so zu sein, wie sie ist. Ich kann Werte erst bewerten, wenn ich die Werte verstanden habe. Aber jede Kultur ist eben anders: andere Kultur -> andere Identitäten -> andere Werte (und auch andere Klischees – darf ich kurz „Wiedervereinigung“ einwerfen ;-). An den Stellen, wo dieser Satz nicht stimmen, werden wirklich globale Marken gemacht. Siehe Freude, ein zutiefst menschlicher Wunsch auf der ganzen Welt. Siehe Karibik und Malediven – weit voneinander entfernt, aber die gleichen Bilder von Sehnsucht.
Auch das iPhone mag nur eine Maschine sein, aber es ist meine ganz Persönliche. Das iPhone hilft mir bei der Suche nach meinem Selbst. Eine starke Marke.
Kann ich das iPhone lieben? Klar. Wenn ich mich selbst liebe. Es ist Teil meines Selbst. Wiederum ein Zeichen starker Menschen, überall zu sehen, weltweit, in der U-Bahn in Berlin, auf dem Fahrrad in Vietnam, an Bushaltestellen in aller Welt. Was wiederum die Marke stark macht. So etwas braucht keine Werbung. Höchstens, um diesen Teil der Identitätsstiftung explizit zu machen und damit die Marke daran zu binden, bevor nicht ganz klar ist, ob das jedes Smartphone kann.
Die Produktkategorie bestimmte also zunächst den Beitrag zur Identitätsstiftung und folgt den Werten und Ihrer Entwicklung im jeweiligen Kulturraum. Der Beitrag der Markenwerte zur Identität zeigt mir, wie ich die Marken in den jeweiligen Ländern zu führen habe. Aber nur, wenn das Land auch ein Kulturraum ist. Deutschland ist übrigends das einzige Land der Welt, daß keinen natürlichen Kulturraum darstellt. Deswegen gilt es als „härtester Markt der Welt“ und nicht, weil der Preiswettbewerb hier so enorm ist, liebes Walmart, liebes Starbucks.
Ich weiß nicht, wie es anderen geht. Aber Walmart vermittelt mir die übelsten Werte amerikanischer Kultur. Da ist real,- irgendwie deutscher, angenehmer, obwohl ich beide kenne und weiß, daß die Unterschiede marginal sind, real,- ist nur teurer als Walmart, aber das steckt ja schon im Logo und ich versteh es gerne als „fair“, „gerechtfertigter Preis“. Aber was bedeutet Geld schon, wenn es um Werte geht (und ich mir meine Werte leisten kann). Ich Gucci mir die Welt, wie sie mir gefällt.
Wenn also das Produkt einen Beitrag zur Identität leisten kann, können auch die Marken dieser Branche mit identitätsstiftenden Werten aufgeladen werden – wenn sie denn glaubwürdig sind, also gelebt werden. Die meisten Marken werden Wertebündel als Teil einer Identität einsetzen, viele müssen mit Klischees spielen. Das ist völlig ok, denn es kann Spaß machen.
Freude – enthält Werte. Spaß – enthält Klischees. „Mach Dir Freude auf“ funktioniert so lange, wie Coke der Menschheit Identität verleihen kann. Zumal jede Kultur unter Freude etwas anderes versteht und Coke sehr auf lokale Markenführung setzt.
Klischees -> Werte -> Identität – mit der steigenden Bedeutung der Werte verändert sich auch das Verhalten des Kunden, mehr noch, seine Erwartungen. Und damit sein ganzes Kommunikationsverhalten.
Die Marke entsteht immer von innen – durch gelebte Identität. Dadurch entstehen Werte. Diese werden aber nicht einfach „kommuniziert“. In der klassischen Werbung werden oft nur Klischees kommuniziert, schon weil das Medium Fernsehen in 30sek. keine tiefe Auseinandersetzung erlaubt. Deswegen kommt uns die Werbung oft tot vor. Weil Klischees tot sind. Werte und Identität werden ausgehandelt. Jeden Tag aufs Neue. Hier bedeutet Kommunikation das, was es im Wortsinne meint: Austausch. Deswegen sind Marken „360Grad“, deswegen machen Menschen erst die Marke, zu dem was sie ist, deswegen sind die Mitarbeiter so wichtig, deswegen müssen CEOs leben, was sie sagen. Ich könnte gar nicht aufhören mit Beispielen. Deswegen ist virales Marketing, ernst genommen, so unheimlich wichtig. Relevanz entsteht durch Identität, und die muss gelebt werden. (TRND wird noch ganz, ganz groß, lieber Martin. Ihr habt bei Euch nicht die Early Adopter, die „Erstverwender“, ihr habt Menschen, die Marken leben wollen. Was für ein Schatz. Aber du weisst das.) Kommunikation ist Informationsübermittlung (Bilder, Klischees) -> Kommunikation ist Austausch (Werte) -> Kommunikation ist Existenz (Identität). Denn erst Kommunikation sagt uns, wer wir sind. (Danke Bille ;-)
Im Workshop sagte jemand: „Das jeder eine Marke sein will, das ist doch schon ein Klischee.“ Was für ein einfacher, stimmiger und zugleich doch schwerwiegender Satz.
Was er meinte, war das klassische Bild der Marke, daß bei allen Laien tief in den Köpfen sitzt: das „Image“. Das „Image“ ist ein Klischee. Es ist tot. Es vermittelt mir keine Werte mehr und damit hat es keinen Beitrag zu meiner Identität. Klassische Werbung ist nicht tot, sie ist dann tot, wenn sie mir „nichts mehr zu sagen hat“. Das war es, was er meinte. Wenn mir eine Marke Werte vermittelt – immer her damit. Bionade war ein tiefer Werteraum, Teil der Identität vieler Menschen. In einer Zeit, in der Werte selbst eine Rolle spielen, ein Massenmarkt. Und dann wurde Bionade übernommen und hat angefangen mit dem Brustton der Überzeugung Klischees zu kommunizieren. Klischees sind tot, Bionade auch. Was tot ist, kann ich nicht mehr lieben. Das ist ok. Aber dann ist es keine Markenstrategie mehr, sondern eine Vertriebsstrategie. „Die Marke wird auf dem Thron des Mammon geschlachtet.“ Wir Menschen haben ein wichtiges Kontrollorgan: Werte kann man nicht faken. Irgendeiner merkt es irgendwann. Und dann ist auch der Vertrieb am Ende.
Deswegen sind Tradition & Innovation so wichtig, gerade im Bereich der Luxusgüter. Alte Werte, die immer noch Bestand haben, sind wichtiger als Neue, die sich erst beweisen müssen. Aber auch alte Werte müssen immer wieder neu gelebt werden, damit sie nicht sterben und zum Klischee werden.
Die Marke ist das Symbol einer sozialen Identität.
Die Stärke einer Marke bestimmt sich durch Ihren Beitrag zur Identität seines Nutzers. Markenführung ist das Herstellen von Relevanz über alle Medien. Medien sind alle Träger von Informationen. Information ist der Unterschied, der einen Unterschied macht. Relevanz beschreibt die Bedeutung von Werten für die eigene Identität.
Damit ist alles Wesentliche gesagt. Sicher noch nicht sauber durchformuliert, das kommt. (Für das „Unsaubere“ haben wir ja Blogs.) Aber wichtig ist doch nur, daß es verstanden wird. Alles andere ist „Gedöns“.
Nur ein paar praktische Dinge noch an meine Freunde und Fans ;-)
Die Marke ist kein Zeichen, sie ist ein Symbol. Das wars schon. Jeder hat sein Kreuz zu tragen, nicht wahr? Man „verwendet“ Marken nicht, man nutzt sie (Werte) oder man lebt sie (Identität). Mal nur ein kleines bischen (Spaß), mal ganz schön dolle (Rock’N Roll).
Freunde geben mir Identität, Fans lieben meine Werte. Dumm, daß der amerikanische Begriff bei uns beides bedeuten kann, dazwischen aber im wahrsten Sinne des Wortes eine Welt liegt, deren Grenze nicht so einfach zu erkennen ist. Twitter ist Freunde, Facebook ist Fans. Blogs sind Austausch der Community of Interest (und deswegen schon dichter am alten Internet, lieber Robert ;-).
Social Media ist deswegen so wichtig und muss deswegen so anders behandelt werden als klassische Medien, weil hier nicht nur eine Botschaft übermittelt wird, sondern die Aushandlungsprozesse der Symbole direkt stattfinden („Wie nennen es leben“ lieber Klaus ;-) . Schon die Art, wie ausgehandelt wird, gibt mir eine wichtige Information zur Stärke der Marke und Ihren Elementen. Sind es viele mit wenig Dialog, dann arbeite ich eher im Rahmen von Klischees bis hin zu Werten. Ist der Dialog enorm, dann hat es etwas mit Identität zu tun.
In diesem Licht wird die – im Sinne des Wortes „grenzwertige“ – Diskussion der Hundeschützer auf den Coke- und Adidas- Facebookseiten interessant, liebe Hermine (Danke für die Ermutigung, tiefer darüber nachzudenken!). Denn hier treffen wichtige Werte der Identität, die zudem global funktionieren (siehe Heftigkeit der Diskussion, aber nicht in der ganzen Timeline, sondern in einzelnen Posts), auf eine Marke, die nur Freude vermitteln will, aber global Identität stiftet. Wie oft tauchte in den Kommentaren auf, daß die Hundeschützer sinngemäß „keine Freude mehr empfinden können“. Jetzt kann ich mir vorstellen, welchen Stress ihr hattet und warum Empathie genau der falsche Weg gewesen wäre. Ich kann mir vorstellen, was die Hundeschützer fühlen, als „Gefühlsmarke“ fühle ich sogar mit, aber das gleiche Wort „Freude“ kann durchaus auf verschiedenen sozialen Kontinenten spielen. So wie das Wort „deutsch“ oder wie es in Matrix heisst: „Liebe ist nur ein Wort. Es kommt darauf an, was du daraus machst.“ Wer das nicht versteht, hat nur Sex und wird nie zufrieden sein.
Ich denke, über den Identitätsbegriff wird auch klarer, warum Mitarbeiter so wichtig für die Marke sind. Ihre Arbeit gibt Ihnen Identität. Sie versuchen nur, diese zu leben und werden so oft daran gehindert. Und dann kommen Vorstände mit „Botschaften“ der „Unternehmenskultur“. Klischees einer untergegangenen Welt. Oder eben nicht, wie Sun, die einfach T-Shirts gedruckt haben, auf denen die wichtigsten Werte der Mitarbeiter standen.
Identität entsteht durch Kommunikation. Ich kann sie nicht herstellen. Sie ist schon da. Sie ist kein Teil der Marke, sie ist ihr Kern. Entweder halte ich mich daran, oder die Marke „funktioniert nicht“. Aber ich kann sie führen, ja ich muss, wenn sie nicht sterben soll. Coke zeigt das sehr schön, Pepsi als Negativbeispiel. Pepsi hat ja nicht nur ständig seine Logos verändert, sondern seine Identität. Coke hat nicht einfach nur seit über hundert Jahren sein Logo behalten, sondern seine Identität. Und Coke hat nie versucht, mehr zu sein, als sie sind. Und so verstehe ich endlich, warum ich gerne Pepsi trinke, aber Coke bewundere. Ich bin auch nur so ein armer kleiner Ossi, den keiner versteht, der so vor sich hindümpelt, den keiner ernst nimmt. Weil ich nie gesagt habe, wer ich bin. Und weil ich nie dazu gestanden habe. Deswegen können Menschen Marken sein. Marken sind stark und Marken geben Stärke. Marken sind wichtig für uns. Oder sie gehen unter.
Deswegen ist das stärkste Wort, das ich derzeit kenne: Heimat, liebe Heike. In einer Zeit, in der sich Nationalstaaten auflösen, in der viele Menschen Sinn und Orientierung suchen, finden wir Heimat nicht mehr in der Landschaft, oder politischen Grenzen. Wir finden Heimat nur noch im Herzen. Manchmal, für eine kurze Zeit im Urlaub, wenn wir ankommen, Ruhe finden und Frieden, wenn das stärkste Wort ist: „Bei Ihnen fühlt man sich wie Zuhause.“ Manchmal, wie in USA, wenn ich da hinziehe, wo meines Gleichen ist, wie in Seattle bei den Grungern, oder SanFran, bei den Hippies.
Und manchmal daheim. Bei den Dingen, die mich umgeben, die mich berühren, auch wenn niemand ausser meinen Freunden versteht, oder einfach nur fühlt, warum. Das alles ist Heimat. Da wo das Herz ist. Da wo der Verstand ruht und wir deswegen so gut schlafen können, bis auch das Herz Ruhe findet.
Deswegen ist es so z.B. wichtig, daß der EVL sich gegen den Markenschutz von Begriffen wie „Glückspilz“, Göttergatte“, „Traumprinz“, „Seemannsbraut“ oder eben „Heimatglück“ einsetzt. Denn sie symbolisieren wichtige Werte unserer kulturellen Identität. Schöne Werte. Und davon haben wir Deutschen nicht so viele, oder besser: wir sollten endlich mal anfangen, uns darauf zu besinnen. Denn wir sind das einzige Volk der Welt, deren Werte nicht aus der Nation kommen, sondern aus der Kultur. Damit sind wir identitätsstiftend für die Welt. Wir können der Welt sagen WER wir sind. Nicht wir Deutschen. Wir alle. Aber da wird „Die Wirtschaftsmacht vor der Haustür“, der Tourismus, schon sorgen, da bin ich mir sicher. Alle Zahlen sprechen dafür. Berlin ist die beliebteste Stadt der Welt. Es gibt keine Zufälle. Alles ist Struktur. Das ganze menschliche Leben dreht sich von der Geburt bis zum Tod nur um Identität. Deswegen haben wir einen Grabstein und andere Nationen nicht. Wenn mein Geist wiedergeboren wird, wozu ein vergänglicher Name?
Ich kann nicht mehr. Was ich hier schreibe, war für mich wie eine Geburt. Ich weiß gar nicht, ob das neu ist oder nicht. Ist mir auch egal. Es ist aus mir entstanden. Zusammen mit ganz vielen Freunden. Das ist mir wichtig.
Aber eines weiß ich. Ich hatte immer ein Problem damit, mich Markenexperte zu nennen. Stattdessen habe ich vor kurzem begonnen Markenliebhaber zu schreiben. Klingt komisch. Erst jetzt weiß ich warum. Und ich stehe dazu. Ich liebe Marken. Und es gibt für mich nichts Schöneres, als daran zu arbeiten, daß auch andere Marken geliebt werden.
Was hier unbedingt noch hingehört, denn das ist ein Fachartikel und ich hoffe, daß viele jetzt besser verstehen, warum es so schwer ist Leben und Arbeit zu trennen und warum Krankenschwestern selbst bei winzigstem Lohn Ihre Arbeit mit viel Liebe machen (was sich erst ändert, wenn sich die Werte in unserer Gesellschaft ändern und das passiert gerade, liebste Corinna) und warum es ok ist, wenn Teenies Ihre Partyfotos auf Facebook posten:
An dieser Stelle ein herzliches Danke an alle, die mir immer wieder gesagt haben, daß ich für sie etwas Besonderes bin- und die sich dann hoffentlich immer gewundert haben, warum ich sie so seltsam anschaue und warum ich mit Lob nie umgehen konnte. Ihr alle seit meine Freunde! Jetzt weiß ich warum und das macht Euch zu etwas ganz Besonderem! Für mich. Und das ist alles, was zählt. Und es wurde höchste Zeit, das ich das mal sage. Und deswegen ist und bleibt der 1. Mai, der Tag der Arbeit, ein Feiertag. Feiert Euch und Euer Leben, ihr habt nur Eins (oder Kinder ;-).
Willkommen bei KMTO.
Ihrer Markenmanufaktur.
Denn Marken brauchen Herz UND Verstand.
Pingback: Social Travel im Destinationsmarketing | Eric Horster
Coca Cola ist mein Freund. Ein zu guter. Frag meinen Zahnarzt.
Hi Frank – deine Definition ist schön und kurz, aber kann Coca Cola dein Freund sein? ;-) Die Eingangsfrage war auch eher rhetorisch gemeint, weil es so viele Definitionen zur Marke gibt… lg, Michel
Was die Eingangsfrage betrifft: Mit Verlaub – wir haben da mal eine sehr einfache Definition gefunden: http://www.marketing-blog.biz/blog/archives/3130-Was-ist-eigentlich-…-eine-Marke.html
Aber die Nummer mit der sozialen Identität gefällt durchaus – und ist ja auch ganz nah dran.
Pingback: Die Marke lebt – Gedanken zum DestinationCamp 2012 | Eric Horster