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Strategie

Gedanken zur Erfolgsmessung bei Facebook

Socialbench hat eine schöne Übersicht zur Erfolgsmessung bei Facebook erstellt. Welche wichtigen Parameter gibt es und wie sind sie zu bewerten? Zuerst bitte die Grafik anschauen – dann folgen meine Kommentare. Ich stelle damit eine Diskussion innerhalb unseres Werkverbundes netzvitamine online. Auch wenn das Thema einige Profis nervt, lohnt es dennoch eine Diskussion. (Ein Klick auf die Grafik vergrößert die Ansicht)

1. zu Fans

Die Fans zeigen nicht die potentielle Reichweite an. Das ist die Summe der Fans der Fans, also alle, die durch Aktivitäten der Fans erreicht werden können. Genau hier steckt das besondere Potential von Facebook. Bei 100.000 Fans kann ich z.B. eine potentielle Reichweite von 12 Millionen Nutzern haben. Potentiell, wie gesagt.

2. Sprechen darüber

Über Datenexport können nicht nur die letzten 7 Tage, sondern Daten für den gesamten oder individuell festgelegten Zeitraum abgerufen werden.
Entspricht einer realen, interaktiven Reichweite, da durch Interaktion gesichert ist, daß der Inhalt auch gesehen wurde. „Haben Gesehen“ heisst nur, ist auf der Seite des Fans angezeigt worden. Wieviele es wirklich gesehen haben, ist unsicher. Wie bei Anzeigen in Zeitungen, die Auflage ist auch nur ein „potentielles gesehen“.

3. zu Aktivität

Leider kann zwischen den drei Aktivitäten: Like, Kommentar, Teilen nicht unterschieden werden, obwohl sich hier ganz unterschiedliche Formen des Engagements und der Auseinandersetzung mit den Inhalten zeigen.
Letztlich ist es nur eine Prozentzahl der „Sprechen darüber“ im Verhältnis der Gesamtfanzahl. Immerhin lassen sich anhand der Vergleichswerte zu anderen Seiten eigene Ansätze überprüfen: haben wir mehr oder weniger aktive Fans, als der Durchschnitt und ist das überhaupt gewollt.

4. Wachstum

Der Wert sollte eher „Neufans“ heissen, denn Wachstum kann vieles bedeuten. Z.B. ist das Wachstum der Interaktionsrate viel spannender, als die Zahl der Fans. Hier geht es aber nur um den prozentuellen Anstieg neuer „Likes“ der Seite.
Da Facebook kaum noch organisch wächst, muss man hier nicht interpolieren, sondern kann – wenn gerade keine Kampagne läuft, den Erfolg der Viralität der Inhalte tlw. abbilden.

5. Interaktionen

Der Vergleich der Interaktionen zur Anzahl der eigenen Beiträge kann eine Kennzahl für Effizienz sein. Es ist ja nicht nötig, den ganzen Tag zu posten, wenn weniger Beiträge mehr Interaktionen bei den richtigen Leuten auslösen.
Insofern ist es sehr ratsam, hier tiefer zu schauen. Welche Art von Interaktion wird wann bei wem ausgelöst. Das ist aufwendig, kann aber den Maßnahmen auf Facebook so richtig Sinn verleihen.

6. Antwortrate

Ist eine schnelle Reaktionszeit durch die Seitenbetreuer immer sinnvoll? Oder eher für Facebook selbst von Interesse? Wenn wir einen Echtzeit-Service-Kanal auf Facebook haben, sicherlich. Ein Beispiel wäre der Einsatz von Facebook als virtuelle Tourismusinformation (vTI): hier muss sofort geantwortet werden, wie am Schalter der TI auch. Viele Seiten werden aber anders geführt, hier ist es nicht so wichtig, sofort zu reagieren, sondern vielmehr so, daß die anderen Nutzer auch etwas davon haben. Um es nochmal explizit zu machen: zuviel Viralität ist für viele Facebookseiten eher schädlich. Klingt komisch, ist aber so.

7. Beiträge

Zahlen alleine sagen in _sozialen_ Medien wenig aus, daß wird hier sichtbar. Erst die Interpretation der Kommunikation lässt sinnvolle Rückschlüsse zu.
Dann aber kann eine qualitative Analyse der Beiträge wie eine kleine Marktforschung betrachtet werden: Wenn die Zielgruppen passen, bekomme ich permanentes Feedback zur Wahrnehmung der Marke. Undzwar nicht nur im Sinne von positiv/neutral/negativ, sondern auch inhaltlicher Art. Wo sonst hat man das schon?

Quelle: socialbench / Erfolgsmessung Teil 1 – Öffentliche Werte

Fazit

Zuerst mal: die KPI sind von Facebook für Facebook, Unternehmen müssen Ihre eigenen Ziele und KPI definieren. Das ist wie bei den Serverstatistiken für Webseiten. Zahlen gibt es jede Menge, die sind aber alle nicht für Unternehmen gemacht, sondern eben von und für technologie und müssen logischerweise übersetzt werden. Alleine mit dem Thema könnte man ein Buch füllen. Unglaublich, was da als Grundlage für das Marketing herhalten muss…

Und dann und viel wichtiger: Das Problem, daß ich in der Praxis immer wieder sehe: Facebook verleitet dazu, Äpfel mit Birnen, Banananen und Gurken zu vergleichen. Wenn verschiedene Abteilungen Ansprüche an die Facebook-Seite eines Unternehmens stellen („Könnt ihr das mal posten?“), muss man aber dringend unterscheiden, was „Fan“ eigentlich bedeutet. Hier macht es einen enormen Unterschied, ob Teile der Fans sich engagieren, oder nicht. Es sind einfach nicht alle Fans gleich. Meistens macht es mehr Sinn, die Fans als Multiplikatoren wie in der PR zu betrachten, denn als „Reichweite der Seite“. Das Problem: die Kollegen sehen immer nur die Fanzahl, die ist ja öffentlich, aber für die Kommunikationsarbeit überwiegend irrelevant. Die Verantwortlichen müssen das also für die Kollegen erst einmal übersetzen. Wenn dann Social Media nicht die Entscheidungshoheit hat, liegt das Konfliktpotential schon in der nächsten E-Mail vom Chef.