Adieu Social Media Newsroom – Hallo Welt!
(-> Eine emotionale Beschreibung der Strategie findet ihr hier.)
Noch 2009 gewann Coca-Cola einen Preis für den ersten Social Media Newsroom in Deutschland. Heute ist der Coca-Cola Company Relaunch in Deutschland, den wir letzte Woche so ausführlich besprochen haben. Der Unterschied zur alten Seite könnte optisch und inhaltlich kaum größer ausfallen. Ein deutliches Signal an alle Unternehmen im Land. Denn – gegen alle Klischees – hat dieser Ansatz nichts mit Budget, aber viel mit Professionalität und Mut zu tun. Zwei der Gründe, warum die Marke so stark ist, wie sie ist.
Die alte Seite: | Und die neue Seite: |
Coca-Cola Deutschland übernimmt dabei die globale Strategie, die zuerst und erst vor wenigen Monaten in den USA gelauncht wurde und adaptiert sie an die nationalen Bedingungen. Wichtiger als das was man sieht, erscheint mir dabei, was im Hintergrund, im BackEnd des Unternehmens, an Organisation dazu gehört.
Was man sieht erinnert konzeptionell stark an Skittles (auch von 2009), die Corporate Website als Social Media Hub. Dennoch gibt es zwei wesentliche Unterschiede. 1. Skittles benutzte damals das Social Web als Spielwiese für die Produktmarke. Bei der Unternehmenswebseite haben wir es mit „Serious Business“ zu tun. 2. Es sieht nicht so aus, als würde das Design und der Ansatz bei der nächsten kreativen Idee wieder verschwinden. Dahinter steckt keine Kampagne, sondern eine Einstellung. Zumal das Wort „Kreativ“ an Bedeutung verloren hat, jedenfalls was die egoistische Sicht der Marke „ich bin kreativ“ betrifft. Sie wird ersetzt durch eine „soziale Kreativität“, das Wir der Marke, die soziale Identität, wenn man so will.
Coca-Cola möchte zum besten Geschichtenerzähler werden und stellt deswegen die „Content Excellence“ als Zielmarke auf. Man könnte sagen, die konsequenteste Umsetzung der Forderung nach „Content Marketing“ überhaupt. Wobei es weniger um Content geht, als um die Menschen, die sich dafür interessieren. Weshalb die „soziale Kreativität“ so wichtig ist. Diese Kreativität kann jetzt von überall kommen. Der Gradmesser für „guten Content“ ist die Qualität der Geschichte. Die Qualität bestimmt sich aus „liquid“, verbreitet sich der Content von selbst, und „linked“, hat die Geschichte mit der Marke zu tun.
Um bei der Content Organisation, dem Content Management, zu bleiben: die Inhalte werden wie in USA organisiert, Geschichten vorne, dann Meinungen, Marken, Video, Blog etc.. Warum wie in den USA? Weil das die Art ist, in der unterschiedliche Gruppen von Menschen Inhalte aufnehmen, egal wo in der Welt. Eine wichtige Erfahrung („Key Learning“) für Alle. Schließlich steckt das Unternehmen viel Hirnschmalz in eine solche Entscheidung, von der nun alle profitieren können.
Das ist, was man sieht, kommen wir nun zum Backend: Die Trennung der einzelnen Disziplinen der Marketingkommunikation ist bei Coca-Cola schon länger aufgehoben. Es wird nicht „integriert gedacht“, sondern – viel mehr – von innen heraus gehandelt. Innen, daß sind die Werte der Marke. Zur Kommunikation dieser Werte gibt es ein Content Team verschiedenster Spezialrichtungen, die eine strategische und taktische Redaktionsplanung haben, rund um die Events und Themen der Marke. Das sind 50% der Geschichten. Die andere Hälfte ist spontan, aktuell und z.T. Ergebnis des umfangreichen Monitorings. (Ja, sprecht mit der Marke und sie wird Euch finden und hören. Guten Tag nach Berlin! ;-)
Die Inhalte kommen aus allen Bereichen des Unternehmens, Mitarbeiter, Produktionsstandorte, Engagements, Kampagnen etc. etc. – und von „draussen“. Entweder als Geschichten von Kunden oder aus dem Alltag, oder, sie werden von denen erzählt, die es besser können, wie bei der Kooperation mit dem bekannten Videoblogger Sami Slimani, der frei von der Leber in seinem unvergleichlichen Stil Spitzen-Storytelling draus gemacht hat. Richtig gehört: auch andere publizieren Geschichten der Marke und – konsequent – völlig fremde Inhalte werden auf der eigenen Webseite publiziert.
Weiterhin gibt es Kooperationen für die Weiterentwicklung, z.b mit dem Ziel, am dynamischen Storytelling der Zukunft zu arbeiten, eine Antwort auf die „On-Demand-Kultur“ unserer Zeit zu finden. Dabei spielen Zahlen, Algorithmen und das SEO eine wichtige Rolle. Überhaupt ist SEO starker Teil der Geschichten, es fällt nur nicht auf, weil es gut gemacht ist. (Zum Beispiel, um Nutzerströme zwischen Coca-Cola, dem Getränk, und Coca-Cola, dem Unternehmen sinnvoll zu routen.)
Apropo Zahlen: die Kennzahlen für den Erfolg des neuen Ansatzes der Coca-Cola Journey, wurden ganz beachtlich in die Höhe geschraubt. Nein, hier geht es bei allem Spaß nicht um Spaß, sondern um Business Spaß.
Für Social Media Nerds: die Integration von Monitoring und Kommunikation hat beim ARD Markencheck seinen Livetest erfolgreich bestanden. Während die unter Medienleuten umstrittene, weil tendenziöse Berichterstattung der ARD, Unternehmen wie Amazon tief geschadet hat, gelang es Coca-Cola, die Diskussionen auf eine Sachebene zu bringen. Falsche Aussagen konnten im Web sofort widerlegt werden. Für PR Nerds: Kommentare von „Coke“ schafften es auf die Plattformen der ARD und glätteten die Informationen da, wo sie über die Stränge schlugen. Erfolgreiche De-Eskalation also. Genau hier konnten die Sozialen Medien ausspielen, was allzuoft ein unpassender Rat ist, Dialog und Echtzeit.
Es gäbe noch so viel zu sagen, aber der Bericht hat bis hier schon so viel Lernenswertes, und die Journey der Marke Coca-Cola hat gerade erst begonnen und lässt noch so viel Zeit zum Beobachten, daß ich mit einem Zitat aus der Markenbibel des Unternehmens enden möchte, daß beschreibt, was wir jetzt live vor uns sehen und das mich mit seiner Mischung aus Business und Idealismus ganz persönlich anspricht:
„Throughout my career, I have had the privilege of experiencing our consumers embracing not only our beverages but also the ideals we represent. Whether in a remote outpost of western China or on the bustling streets of New York, New Delphi, or Nairobi, you sense a yearning among people for happiness, friendship, family, and opportunity.
In these places and in so many others, you sense the optimism, the belief that a better day is coming-not just a better business day, but a better day for humanity. Coca-Cola has always represented that optimism, the magical force that underscores and celebrates our humanity.
That’s truly our secret formula.“
Muhtar Kent, Chairman, CEO, The Coca-Cola CompanyDeutsch:
„Während meiner ganzen Karriere hatte ich das Privileg, zu erleben, wie die Kunden nicht nur unsere Getränke, sondern auch die Ideale für die wir stehen, angenommen haben. Ob in einem chinesischem Aussenposten oder den geschäftigen Straßen von New York, New Delphi oder Nairobi – du spürst, wie sich die Menschen nach Glück, Freundschaft, Familie und persönlichen Möglichkeiten zur Entfaltung sehnen.
An diesen und vielen anderen Orten kannst du den Optimismus spüren, den Glauben an eine bessere Zeit, nicht nur für das Geschäft, sondern für die Menschheit an sich.
Coca-Cola war immer ein Symbol dieses Optimismus, dieser magischen Kraft, die unsere Menschlichkeit unterstreicht und feiert.Das ist die wahre „geheime Formel“ unseres Erfolges.“
Muhtar Kent, Chairman, CEO, The Coca-Cola Company
Ein magisches Rezept.
Bildquelle: Google Search nach Coca-Cola, Screenshot der Top-Ergebnisse, Bild der Marke im (Google-) Web.
Henning, vielleicht steht da nur, „das Leben besteht aus mehr, als nur Wasser.“
Zitat: „(Die Marke) Coca-Cola war immer ein Symbol dieses Optimismus, dieser magischen Kraft, die unsere Menschlichkeit unterstreicht und feiert. Das ist die wahre “geheime Formel” unseres Erfolges.“ Muhtar Kent, Chairman, CEO, The Coca-Cola Company“
Schon als Kind war ich total neugierig, was wohl in diesem höchst geheimen Rezept wohl drin stehen mag. Heute ahne ich, was auf dem Rezept tatsächlich stand: „Mach das Beste draus!“. So oder so ähnlich :)
Hallo Frank – auf der einen Seite ja: RSS ist von einem Cluetrainer, führte zu Blogs etc. und das Ergebnis sehen wir jetzt bei einem großen Unternehmen.
Auf der anderen Seite: man müsste alle Thesen durchgehen ;-) Zur Wichtigsten: Märkte sind nicht immer Gespräche, und nicht alle Gespräche sind Märkte. Aber wenn ich die Überschrift sehe „Wir sind keine Zuschauer oder Empfänger … Wir sind Menschen…“ und viele der folgenden Thesen, dann ist die Journey wohl genau der Start dorthin. Sie ist ja der Beginn der Reise, der weitere Verlauf wird zeigen, wie weit es geht. Insofern ist wohl das Wichtigste heute, daß eine Entwicklung begonnen hat, die nicht mehr Rückgängig zu machen ist.
In jedem Fall kann man sie als Antwort auf das Manifest lesen.
Hallo Michael,
vielen Dank für Deine beiden Artikel. Du scheinst mir ziemlich begeistert zu sein :-) Ehrlich gesagt halte ich es für eine solche große Marke für einen sehr mutigen Schritt. Einerseits. Andererseits halte ich es für die richtige Richtung weg von der Unidirectional-One-Voice-Policy hin zu Dialog und gemeinsamen Weg.
Was meinst Du: Kommt die Strategie von Coca-Cola ein bisschen in die Nähe des Cluetrain Manifests?