Weihnachtsgrüße aus dem Ursprung der Weihnacht
Vor lauter Trends kann man kaum noch die wichtigen Entwicklungen sehen. Wo auch immer derzeit Trends lauern – einer hat uns die letzten Jahre unablässig begleitet. Ein Trend aus dem viele andere Trends erwachsen sind:
Die Ursprünglichkeit.
Der Heimattrend ist ihr ebenso entsprungen, wie der Trend zu regionaler Küche. Die Sehnsucht nach der Ursprünglichkeit ist der maximale Gegentrend zur globalen, urbanen, digitalen Kultur.
Die Ursprünglichkeit ist ein Treiber des Wertewandels und ein Ergebnis zugleich. Dieser Trend hat eine enorme, menschliche Kraft.
Sie kann zur Propaganda genutzt werden, wie in der Türkei oder den USA, oder zum Guten, zur Weiterentwicklung einer hyperrationalen Welt, die das eigentlich menschliche immer weiter verdrängt hat. Oder einfach für ein leckeres Craft-Beer.
Hier kommt die Marke ins Spiel. Und Weihnachten.
Spannungen verdichten sich zu Weihnachten. Besinnlichkeit ist das höchste Ziel, das so schwer zu erreichen ist. Besinnlichkeit findet heute v.a. in Werbespots statt, wo sie meistens nix zu suchen hat, aber tiefe emotionale Bedürfnisse anspricht. Warum ist das so?
Weihnachten hat einen Kern. Dieser Kern ist so wenig Kitsch, daß Werbung das komplett falsche Medium ist. Instinktiv spüren wir das, geben aber der Reklame allzugerne nach. Weil Sie sich gut anfühlt. Damit verlieren wir Schritt für Schritt das, was Weihnachten ausmacht.
Noch sind wir diesem Fest zutiefst verbunden. Die Markentechnik kann helfen, diese Verbindung nicht zu verlieren. Also los:
Weihnachten ist kein christliches, sondern ein paganes Fest. Pagan ist der moderne Ausdruck für heidnisch, weil das nach Barbar klingt – und nichts könnte falscher sein.
Die kurze Analyse der Symbole kann das verdeutlichen. Was ist uns wichtiger? Der Besuch in der Kirche oder der Weihnachtsbaum? Das Zusammensein mit den Liebsten, oder das Erscheinen des Christkindes?
Das mag jeder für sich anders beantworten, im Süden des Landes mit einer anderen Gewichtung, als im Norden. Aber ich denke, Baum und Zusammensein gewinnen.
Der Lebensbaum ist das vielleicht älteste religiöse Symbol, tausende Jahre älter als das Christentum. Deshalb taucht er in allen alten Religionen auf. In alter Zeit bei uns im Symbol der Baumgötter. So stand die Eiche für den Hauptgott Wotan. Somit ist der Weihnachtsbaum ein paganes Symbol, kein christliches.
Wie paralysiert weichen wir von dieser Tradition nicht ab. Sie ist uns wichtig, ohne immer sagen zu können warum. Nun – diese Tradition verbindet uns mit unseren Ahnen. Sie sagt uns, wer wir sind.
Das Christentum hat den Termin um ein paar Tage verschoben. (Nur wenige Tage, mehr war wohl nicht drin.) Der ursprüngliche Termin der Weihnacht war gestern, am Tag der Wintersonnenwende.
Gehen wir nur hundert Jahre zurück und dann tausend und dann fünftausend, treffen wir auf die immer gleiche Situation: Mit der Wintersonnenwende begann die härteste Zeit des Jahres. Kälte, Frost, Krankheiten – der Winter war hart, er war existentiell. Gab es einen schlechten Sommer, wurde es eng, weil die Vorräte fehlten.
In solchen Zeiten erwischt es zuerst die Kinder und die Alten. Die Vergangenheit und die Zukunft sind bedroht. Das wusste man aus Erfahrung, nicht aus der Zeitung oder Twitter. Weihnachten war die Zeit, ein letztes großes Fest zu feiern, bei dem noch alle zusammen sind. — gönnen Sie sich ein Pause, um das sacken zu lassen —
Ich denke, irgendwo hier steckt die Ursprünglichkeit von Weihnachten, die uns noch heute zutiefst bewegt: eine gemeinsame Zeit, mit allen, die uns wichtig sind. In Gedanken, oder vor Ort – weil man einfach nie wissen kann, wieviel Zeit der Gemeinschaft noch bleibt. Mit einem leuchtenden Baum, der in die Herzen scheint.
Wenn man das weiss und fühlt, kommt einem der Otto-TV-Spot im fernen Mexiko etwas unpassend vor. Das richtige Thema, der falsche Absender. Marken können zur Familie gehören, aber Marken sind nicht Familie.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen mehr Besinnlichkeit.
Zeit für das Wesentliche, für das Echte – das Miteinander. Eine Zeit der Sinne. Ohne künstliche Intelligenz und mit viel menschlicher, emotionaler Intelligenz.
Das Tor im folgenden Bild ist nicht der Eingang in den Stall. Das wurde er erst später. Es ist der Eingang ins Wohnzimmer, wo Menschen und Tiere gemeinsam lebten. Unter sehr kargen Verhältnissen. Das Gebäude wurde vor nur hundert Jahren noch genauso benutzt.
Das Foto ist im Ammerland entstanden, in Bad Zwischenahn, im ersten Freilicht-Heimatmuseum Europas. Es erinnert uns an die Herkunft unserer Werte, an unser kollektives Erbe, unsere Heritage. Es sagt uns – in guten, wie in schlechten Zeiten – warum wir sind, wie wir sind.
Nehmen Sie sich Zeit, für das Ursprünglichste, das wir haben: das Zusammensein. Darin steckt die frohe Botschaft des Lebens selbst. Machen Sie es sich drinnen so richtig gemütlich. Essen Sie reichlich und gut. Zusammen. Und wer das nicht kann und deswegen traurig ist, dem sei eine alte pagane Weisheit mit auf den Weg gegeben: unsere Ahnen und unsere Liebsten sind immer dabei. In unseren Herzen. Das ist genauso real, wie die Welt da draussen. Es ist sogar ein bisschen mehr, als das. Es ist alles, was wir sind. Das Zaubermaterial unserer Seele. Das sollten wir feiern. Dafür sollten wir uns Zeit nehmen. Machen Sie es wie die Mexikaner, stossen Sie voller Spaß und Freude mit den Toten auf das Leben an! (Deshalb danke, Otto!)
Diese Nacht ist uns geweiht. Uns allen. Auf die Gesundheit!
Ein Frohes Fest!