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Überlegungen zum Marketing 2.0

Das Zukunftsinstitut schrieb 2006 ein Dossier zum Marketing 2.0, welches ein paar Kernsätze prägnant richtig formuliert. Wenn ich das zusammenfasse, bleibt: Kommunikation = Sozialisation + Technologisierung.

„Was passiert, wenn das gesellschaftliche Betriebssystem neu konfiguriert wird?

Das Zentrum zeitgenössischer Mediennutzung überhaupt ist die Gemeinschaft: Interessensgruppen, Spielgemeinschaften, Business-Netzwerke, kommentierende, gruppendynamisch-kritische Blog-Leserschaften oder die Abonnenten eines Special Interest Podcasts. Der Gemeinschaft kommt eine Bedeutung zu, die traditionelle Marktmechanismen und Kommunikationsgewohnheiten souverän links liegen lässt. Entsprechend bewegen wir uns vom Massen- zum Community-Marketing – ohne jedoch vorschnell die Klassik über Bord zu werfen.“

und ein paar Merksätze dazu:

  • aus Verbrauchern werden souveräne Konsumenten: „Peers“ und „Buddies“
  • Rollenwechsel zwischen Käufer und Verkäufer, Beobachter und Teilnehmer, Rezipient und Produzent
  • in den Netzwerken der Zukunft kann in Sekundenschnelle jedes Informationsbyte, jedes Produkt zur Verfügung gestellt werde
  • die Individualisierung der Lebensstile und des Mediennutzungsverhaltens wird die Märkte der Zukunft prägen

Es wird keine 5 Jahre dauern und nachhaltige Bereiche des Marktes werden diesen Regeln folgen. Allerdings sind die Zusammenhänge zwischen Web- Communities und Real-Wirtschaft nicht so direkt, wie gerne dargestellt.
Die Kommunikation in den Netzen prägt unser Denken und Entscheiden, aber eben nur zum Teil. Die volle Virtualisierung der Märkte wird etwas länger dauern, wenngleich wir auf dem Weg sind. Es ist immer noch eine Schonfrist für Unternehmen, sich auf das Echtzeit- Marketing einzustellen. Bis dahin werden sich allerdings schnelle Unternehmen ein großes Stück des virtuellen Kuchens abschneiden.
Glaubwürdigkeit in den Netzen erwirbt man sich nicht an einem Tag oder im Zeitraum einer klassischen Kampagne. Faktisch wird der Zeitraum bis zu einer erfolgreichen Teilnahme in den informations- und service- gefluteten Netzen sogar immer größer.

Wer sich für den Weg interessiert, dem hilft immer ein Ziel. Dieses Ziel der Entwicklung der digitalen Märkte ist das Ubiquitous Computing – die nahtlose Verbindung von Virtualität und Realität. Erst aus dieser Sicht, macht das Web 2.0 Sinn, denn Menschen leben immer in Gemeinschaften. Nichts anderes bildet das Web ab. Aber das hat es schon immer getan. Es war seine Uridee. Seine Geburtsstation. Deswegen sagt Tim Berners Lee (aus dem gleichen Jahr, wie die Studie), daß er keinen Unterschied zwischen Web 1.0 und 2.0 erkennen kann. Das Netz ist eben nur besser geworden, nicht anders. Kommunikation ist die Triebkraft aller menschlichen Bestrebungen. Nach Feuerstein, Hammer und Maschine haben wir nur endlich begonnen, Maschinen zur Kommunikation zu entwickeln. (Google ist nichts anderes, als die Umsetzung der Förster’schen Theorien zum Radikalen Konstruktivismus. Google sagt nicht, was wahr ist, sondern was eine Gruppe von Menschen für wahr oder relevant hält.) Es geht um Communities mit gemeinsamer Wirklichkeit, nicht Wahrheit.

Ja, das Web ist meilenweit von klassischen Massenkommunikationskanälen entfernt. Es hat nur Bruchteile mit TV, Radio und Zeitung gemein. Es entstammt einem anderen Zeitalter, als dem der Industrialisierung. Wissenschaftler sind die „Philosophen“ unserer Zeit, welche die alten Griechen an der Spitze des Staates sehen wollten. Wissenschaftler haben das Web erfunden, um besser arbeiten zu können.

Nun schlägt das Web zurück auf die Gesellschaft. Es drängt uns förmlich die Kultur der Wissenschaftler auf. Offenheit, Transparenz, Wiederholbarkeit, Komplexität, alles Merkmale des Wissenschaftsapparates, die nun für alle Anderen wichtig werden.
Natürlich kann man nicht nur mit den Mitteln des Industriezeitalters antworten. Selbiges ist aber auch nur Teil eines Prozesses, der vor über 2000 Jahren begann. Und als solcher ist er eben auch zum Teil „richtig“. Die Frage aller Fragen ist: was leitet, was führt, was darf den Handlungsraum bestimmen, was hat die Macht?

Die vier Merksätze oben sind ja kein Zeichen einer veränderten Gesellschaft. Menschen waren doch nie anders. Sie sind ein Zeichen, mehr ein Wunsch, die Köpfe der Entscheider in Richtung Realität zu verdrehen. In einer Übergangszeit träger sozialer Systeme kann alles noch nebeneinander bestehen. Aber irgendwann geht diese Zeit zu Ende.

Wie auch immer man es dreht und wendet. Marketing 2.0 ist deutlich mehr „scientific“, als die üblichen Verdächtigen wahr haben wollen. Dummerweise sind Mathematik und Statistik die wohl meist gehassten Fächer an den BWL- Hochschulen unseres Landes. Mit „Kultur“ sieht es kaum anders aus. Interdisziplinär sind meist nur die Saufgelage in den Studentenclubs. Wissen ist eine Schachtel mit der man Scheine macht*.

Marketing 2.0 hat einiges mit klassischem Marketing gemein, sehr vieles aber auch nicht. Vielleicht ist es keine neue Weltanschauung, sicher ist es aber ein neuer Blick auf eine komplexe Welt.

Das wichtigste Ereignis des Jahres zum Thema wird sicherlich der Marketing 2.0 Summit. Vormerken. Anmelden. Bewerben.

>> via Zukunftsinstitut: Marketing 2.0 -Von der Masse zur Community

* auch der Satz ist 2deutig – ja gegenläufig, einmal im Rahmen des Absatzes, einmal im Rahmen des gesamten Artikels

Ein Gedanke zu „Überlegungen zum Marketing 2.0

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